Man hat es bereits vorausgeahnt – und womöglich sieht man dem „großen Tag“ seit Wochen mit Angst und Schrecken entgegen. Die Art des Ereignisses spielt keine Rolle, ganz gleich, ob es sich um ein erstes Date, ein wichtiges Vorstellungsgespräch oder die eigene Geburtstagsparty handelt. Man versucht sein Gesicht hinter Haaren, oder dickem Make-up zu verbergen. Aber der Blick in den Spiegel führt einem das Problem schonungslos immer wieder vor Augen.
Kommt Ihnen das bekannt vor? Akne-Patienten auf der ganzen Welt kennen solche Szenarien leider nur allzu gut aus eigener Erfahrung. Genauso kann der ganz gewöhnliche soziale Umgang im Alltag – ein Tag im Büro, der Gang zum Einkaufen – zu einem Albtraum aus Stress und Selbsthass werden. Doch wegen der „nur kosmetischen“ Natur der Akne vulgaris werden diese äußerst realen Gefühle häufig als Überempfindlichkeit abgetan. Freunde, Mitschüler oder Arbeitskollegen, die solche Probleme nicht kennen sagen: „Das sieht ja wirklich schlimm aus.“
Und sie haben wohl recht. Aber viele können sich meist nicht vorstellen, dass die Akne nicht nur schlimm aussieht, sondern dass sich Betroffene auch dementsprechend schlecht fühlen und mit den offensichtlichen Symptomen ein enormer psychischer Leidensdruck verbunden ist.
Im Laufe der Jahre mögen sich die Forschungsmethoden und medizinischen Behandlungen geändert haben, aber die Antworten von Betroffenen auf die Frage „wie fühlen Sie sich mit Ihrer Akne?“ egal welchem Geschlecht, welcher Altersgruppe oder Nationalität sie auch angehören, fallen zusammengefasst immer wieder bedrückend gleich aus: „Hässlich, wütend, ungepflegt und deprimiert.“
Was wird getan?
Jedes Jahr werden Millionen von Euro für die medizinische Forschung und Behandlung von Akne ausgegeben, weitere Millionen werden für die Entwicklung und Vermarktung von frei verkäuflichen Heilmitteln und Pharmaka aufgewendet. Bisher fanden allerdings im Vergleich dazu verschwindend wenige Aktivitäten zur Ermittlung der psychischen und sozialen Auswirkungen der Erkrankung statt. Hierzu ein paar Zeilen aus einem Artikel zu diesem Thema:
„Es gibt kaum ein unangenehmeres Übel, das psychisch mehr traumatisiert, mehr Diskrepanz zwischen Eltern und Kindern, allgemeine Verunsicherung und Minderwertigkeitsgefühle und größeres psychisches Leid hervorruft als die Akne vulgaris.“
Der Auszug stammt aus einem Artikel von den beiden Amerikanern Dr. M. Sulzberger und Dr. S. Zaidems aus dem Jahre 1948, und diese Aussage ist heute noch genauso aktuell wie damals.
Trotz des geringen Einflusses der Akne auf die Gesamtgesundheit der Patienten sind mehrere Studien zu dem Schluss gekommen, dass Hauterkrankungen wie Akne einen ähnlichen Grad von emotionalem Stress verursachen, wie weitaus erheblichere körperliche Beeinträchtigungen. Die Auswirkungen sind ganz offensichtlich: Akne verursacht in erster Linie psychische Schmerzen. Aber warum werden diese Gefühle von anderen als Eitelkeit abgetan?
Das Problem Gefühle zu messen
Die Schwierigkeit liegt nicht darin die negativen Auswirkungen der Akne zu beweisen, sondern vielmehr in der Quantitätsbestimmung der psychischen Auswirkungen. Jahrelang haben sich Forscher damit beschäftigt, eine genaue Messmethode für diese besondere Art der Studie zu finden.
Wissenschaftler wenden zwar psychometrische Verfahren an, um Gefühlszustände zu messen, müssen aber noch eine spezielle Gradeinteilung für die Messung psychologischer Auswirkungen, die bei körperlichen Zuständen wie Akne auftreten, entwickeln. Denn der Einsatz von psychometrischen Skalen, zur Bewertung von Aknepatienten ist bisher weitgehend ergebnislos gewesen.
Warum? Emotionale Symptome – wie Depression, Wut, geringes Selbstwertgefühl – werden von einer unglaublichen Reihe von Variablen beeinflusst. Daher ist es schwierig, mit Gewissheit zu sagen, ob bei jemandem eine depressive Störung allein durch Akne verursacht wird, oder ob eine Reihe von anderen Faktoren, die von Schwierigkeiten in der Schule bis zu Stress am Arbeitsplatz reichen können, mitverantwortlich sind. Der derzeit beste Weg, um die psychosozialen Auswirkungen von Akne zu verstehen, scheint überraschend einfach zu sein: hinzuhören.
Die Bedeutung der Patienten-Aussage
Bis die Wissenschaft eine genaue Skala entwickelt, besteht die beste Möglichkeit mehr über die emotionalen Auswirkungen von Akne zu erfahren darin, den Patienten selbst zu befragen.
Die nachfolgenden Textauszüge sind wörtliche Zitate von Probanden, die an einer bereits 1995 in San Francisco durchgeführten Studie teilnahmen. Ganz im Gegensatz zu den üblichen psychometrischen Fragebögen, die in der Vergangenheit in Gebrauch waren, wurden den Patienten Fragen ohne vorformulierte Antworten gestellt, welche sie ausführlich beantworten sollten. Hier die Auszüge:
„Schon viele Jahre lang schau ich nicht mehr in den Spiegel. Meine Haare kämme ich, unter Zuhilfenahme eines Schattenbildes an der Wand, das den Umriss meines Kopfes abbildet. Ich habe mir selbst seit Jahren nicht mehr in die Augen geschaut, was sehr bitter für mich ist, und es ist eine unmittelbare Auswirkung dieser Akne.“
„Als meine Akne schlimmer wurde, begann ich über verschiedene Dinge kritisch nachzudenken, ich begann mir mehr über soziale Normen Gedanken zu machen, was wohl akzeptabel und was attraktiv sei. Andererseits hat die Akne bewirkt, dass mein Selbstwertgefühl schwand und ich mich immer mehr und mehr zurückzog und introvertierter wurde. Meine Akne war die Ursache dafür, dass ich es vorzog, bestimmte Anlässe zu meiden. Wenn ich eine Frau sah, die mir reizvoll erschien, fragte ich mich, soll ich sie ansprechen oder einladen? – Naja, vielleicht besser nicht, ich werde wegen meines Aussehens bei ihr sowieso keine Chance haben.“
„Man wird damit in Verbindung gebracht ungepflegt und schmuddelig zu sein, und ich hasse es, denn dem ist keinesfalls so. Ich habe es von meiner Mutter geerbt, und sie hat mir immer gesagt, dass sie genau dasselbe hatte, und dass es wieder weggehen würde. Ich bin so wütend darüber, dass ich es von ihr geerbt habe. Mein Vater hat kein Verständnis dafür und gibt mir ein schlechtes Gefühl, weil er nie schlechte Haut hatte, als er jünger war.“
„Meiner Mutter war gar nicht bewusst, wie sehr sie mich verletzte. Als ich fetthaltige Nahrung aß, hatte sie mich kritisiert. Als ich scharfes Essen aß- jene scharf gewürzte Thai-Kost, – sagte sie, meine Pickel würden vom scharfen Essen kommen. Sie sagte mir immer wieder, wie hässlich mein Gesicht sei, und niemand würde mich heiraten, wegen meiner schlecht aussehenden Haut. Und das tat mir wirklich weh.“
„Ich weiß, dass ich dadurch sehr verunsichert bin – aber wenn ich in ein Geschäft gehe, werde ich keine Süßigkeiten kaufen, selbst wenn ich es wirklich will. Ich denke dann jedes Mal, die Leute schauen darauf, was ich kaufe, und denken sich, Oh, sie ernährt sich so ungesund, da ist es kein Wunder, dass sie so viele Pickel im Gesicht hat.“
Allein anhand dieser kleinen Auswahl an Aussagen lässt sich leicht erkennen, wie weitreichend die emotionalen Auswirkungen für unter Akne leidende Menschen sind. Diese Schilderungen von familiären Konflikten, von sozialem Rückzug und schweren persönlichen Leiden sind laut dieser Patienten, die unmittelbare Folge ihrer Akne.
Obwohl es schwierig ist, die Auswirkungen dieser Erkrankung zu messen, ist die Botschaft, dieser Aussagen doch eindeutig: Akne kann tief greifendes emotionales Leid verursachen. Dies ist gewiss für von Akne betroffene Menschen nichts Neues – jedoch kann es vielleicht hilfreich sein, zu wissen, dass man mit diesen Problemen nicht allein ist, auch wenn dies nur einen oberflächlichen Trost darstellt.
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