Die Neurodermitis beschreibt eine entzündliche, nicht ansteckende und meist chronische Hautkrankheit, die in den westlichen Industrienationen weit verbreitet ist. Die in der medizinischen Fachsprache auch als atopische Dermatitis bezeichnete Erkrankung betrifft Menschen in jedem Lebensalter. Als Ursachen der Neurodermitis vermuten Wissenschaftler ein Zusammenspiel genetischer und verschiedener äußerer Faktoren. Da die Erkrankung mit deutlich sichtbaren Hautveränderungen und einem oft unerträglichen Juckreiz einhergeht, ist sie für meisten Betroffenen mit einer erheblichen psychischen Belastung verbunden.
Häufigkeit und Risikofaktoren
Die Neurodermitis ist eine vergleichsweise häufige Hauterkrankung, die in der westlichen Welt Schätzungen zufolge zwischen drei und zwanzig Prozent der Bevölkerung betrifft. Sie tritt bei Säuglingen und Kindern ebenso auf wie bei Jugendlichen und Erwachsenen. Allerdings ist die Neurodermitis unter Kindern deutlich weiter verbreitet als unter älteren Erwachsenen. So leiden rund zehn Prozent aller Menschen im Kindesalter unter den entzündlichen Hautveränderungen.
Eine genetische Veranlagung spielt bei der Entstehung der Neurodermitis eine wesentliche Rolle. Wissenschaftler vermuten, dass die Neigung zu Überempfindlichkeitsreaktionen der Haut von Eltern an Kinder weitergegeben wird. Studien ergaben, dass rund dreißig Prozent aller Kinder eine Neurodermitis entwickeln, wenn ein Elternteil an der Erkrankung leidet oder in der Kindheit darunter gelitten hat. Sind beide Eltern Neurodermitis-Patienten, beträgt das individuelle Risiko für das Kind, ebenfalls daran zu erkranken, sogar über sechzig Prozent.
Grundsätzlich betrifft die Neurodermitis vor allem Familien, in denen auch Fälle von Allergien wie Heuschnupfen oder Asthma gehäuft auftreten. Es wird angenommen, dass die genetische Disposition für atopische Ekzeme den Fetthaushalt der Haut negativ beeinflusst. Bei Menschen, die an Neurodermitis erkranken, ist die Schutzbarriere der Haut beeinträchtigt, wodurch sie empfindlicher gegen äußere Einflüsse und Reize wird.
Auslöser und Ursachen von Neurodermitis
Die genauen Ursachen der Neurodermitis sind bis heute nicht gänzlich erforscht. Verschiedene Faktoren können die Entstehung der Erkrankung begünstigen oder einen Schub auslösen. Bei vielen Menschen, die zu Neurodermitis neigen, reagiert die Haut auf verschiedenste äußere Reize mit den charakteristischen Hautentzündungen. Häufige Auslöser sind Kosmetikartikel, insbesondere Pflegeprodukte, die synthetische Substanzen enthalten. So kann der Kontakt der Haut mit Mineralölen, Duft- und Farbstoffen, Silikonen und Parabenen in Seifen, Duschgels, Cremes, Badezusätzen und Shampoos einen Neurodermitis-Schub auslösen.
Auch die Verwendung aggressiver Waschmittel und Haushaltsreiniger bedingt oft die Entstehung atopischer Ekzeme. Eine mechanische Beanspruchung der Haut gilt ebenfalls als einer der häufigsten Auslöser. So können das Tragen kratzender Kleidung aus synthetischen Fasern, trockene Heizungsluft und der Gebrauch eines Föhns die Haut reizen und zu einer Überreaktion führen. Auch Kälte, Umweltgifte und Tabakrauch kommen als auslösende Faktoren in Frage. Bei vielen Patienten bricht ein Schub direkt nach Kontakt der Haut mit Tierhaaren, Hausstaub, verschiedenen Pflanzen oder Pollen aus.
Beobachtungen zeigen, dass der Verlauf der Erkrankung durch ein intaktes Immunsystem positiv beeinflusst werden kann. Häufig entwickelt sich ein Neurodermitis-Schub nach einem viralen oder bakteriellen Infekt, wenn das Immunsystem durch den Krankheitserreger vorübergehend geschwächt ist. Viele Betroffene leiden daher vor allem in den Herbst- und Wintermonaten, wenn grippale Infekte weit verbreitet sind und zusätzlich ein trockenes Raumklima herrscht, besonders stark unter der Erkrankung.
Auch innere Faktoren spielen beim Verlauf einer Neurodermitis eine wesentliche Rolle. Psychische Belastungen durch Stress, private Konflikte oder berufsbedingte Überanstrengung begünstigen den Ausbruch eines Schubs. Zudem können bestimmte Nahrungsmittel wie etwa Milchprodukte, Weizen, Fisch, Soja und Nüsse bei regelmäßigem Genuss die Symptome einer Neurodermitis verstärken oder einen Schub verursachen.
Verschiedene Ausprägungen der Neurodermitis
Abhängig von den auslösenden Faktoren unterscheiden Dermatologen zwischen zwei Arten der atopischen Dermatitis. Als allergische Reaktion auf verschiedene Substanzen wie Allergene und Nahrungsmittel wird die extrinsische Form der Neurodermitis definiert. Bei Menschen, die an dieser Form der Neurodermitis leiden, sind im Blutserum erhöhte Konzentrationen der lgE-Antikörper nachweisbar. Rund siebzig Prozent aller Patienten leiden an dieser Ausprägung der Erkrankung. Der intrinsischen Form hingegen liegen keine Überreaktionen des Immunsystems zugrunde. Die Auslöser sind in solchen Fällen oft völlig unbekannt. Dennoch treten bei beiden Formen die gleichen, für die Erkrankung charakteristischen Hauterscheinungen auf.
Anzeichen und Symptome der Neurodermitis
Eine atopische Dermatitis verläuft in Schüben, zwischen denen Phasen der Beschwerdefreiheit liegen. Kommt es zum Ausbruch eines akuten Schubes, leiden die Betroffenen meist unter deutlich sichtbaren Hautveränderungen, die von einem oft unerträglichen Juckreiz begleitet werden. Die Ekzeme manifestieren sich als stark gerötete und entzündete Hautstellen, die an den typischen Prädilektionsstellen auftreten. Hierzu zählen die Kniekehlen und Ellenbeugen, Gesicht und Hals sowie der Nacken.
Die Ekzeme sind meist örtlich begrenzt und durch trockene Hautstellen und kleine Einrisse gekennzeichnet. In schweren Fällen kann jedoch auch der gesamte Körper von den Hautveränderungen befallen sein. Der ständige starke Juckreiz, der vor allem nachts zu einer erheblichen Belastung wird, bedingt ein häufiges Kratzen der betroffenen Hautareale. Dadurch können sich kleine Winden bilden, die Krankheitserregern als Eintrittspforten dienen. Das Kratzen begünstigt daher die Entstehung zusätzlicher Hautinfektionen und kann in weiterer Folge Komplikationen durch Schäden in der Haut verursachen.
Obwohl sich die Erkrankung in jeder Lebensphase manifestieren kann, treten die ersten Symptome einer Neurodermitis oft bereits im Säuglings- oder Kleinkindalter auf. Während sie bei vielen Kindern im Laufe der ersten Jahre wieder verschwindet, nimmt sie bei anderen eine chronische Form an und bleibt lebenslang bestehen. Erstes Anzeichen bei Babys ist der sogenannte Milchschorf. Die Bezeichnung bezieht sich auf das Aussehen der Hautveränderungen, die an eingebrannte Milch erinnern. Die Symptome dieser Art der Neurodermitis sind jedoch nicht zwangsläufig auf eine Milchunverträglichkeit des Säuglings zurückzuführen. Milchschorf tritt hauptsächlich auf der Kopfhaut und im Gesicht auf, kann sich aber auch in den Ellenbogen und Kniekehlen bilden.
Ab dem Kindesalter äußert sich eine Neurodermitis meist in schuppigen oder krustigen Ekzemen, die vor allem im Gesicht, hinter den Ohren und in den Gelenkbeugen auftreten. Für kleine Kinder besonders quälend ist der starke Juckreiz, der die Schübe begleitet. Im weiteren Verlauf kann es zu Hautverdickungen, Knötchenbildung und Verkrustungen kommen. Auch wenn die Erkrankung in vielen Fällen nur in der Kindheit auftritt, kann sie auch in der Pubertät und im Erwachsenenalter bestehen bleiben. Bei Erwachsenen sind neben den Gelenkbeugen und dem Hals häufig auch die Stirn, die Lippen und Mundwinkel, die Fingerkuppen, Handflächen oder die Brustwarzen betroffen.
Auch bei Jugendlichen und Erwachsenen wechseln sich akute Schübe und beschwerdefreie Phasen ab. In schweren Fällen und bei starkem Juckreiz kann es durch das ständige Kratzen im Laufe der Zeit zu einer Lichenifikation der betroffenen Hautareale kommen. Besteht die Krankheit über Jahre oder sogar Jahrzehnte, entwickeln Patienten oft eine periorale, das heißt im Bereich um den Mund auftretende Blässe, eine Ausdünnung der äußeren Augenbrauen oder einen weißen Dermographismus. Dieser Begriff bezeichnet die Eigenheit der Haut von Neurodermitis-Patienten, auf Druck oder Wärme nicht mit Rötung, sondern mit Weißfärbung zu reagieren.
Sowohl die in akuten Schüben auftretenden Ekzeme als auch die langfristigen Hautveränderungen stellen für die Betroffenen eine erhebliche psychische Belastung dar, die oft zu sozialem Rückzug oder Depressionen führt.
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